- Einmal durch meine Auge sehen - (TRIGGERWARNUNG!)
- [ Drahtseiltaenzerin ♥ ]
- 21. Aug. 2018
- 6 Min. Lesezeit

Da ich vor kurzem einen Beitrag zum Thema Gefühlswelt gemacht habe und dabei auch selbst einen Text dazu beigesteuert habe, wollte ich nun einen kompletten Beitrag über meine eigene Gefühlswelt veröffentlichen.
Dieser wird aus ausgewählten Texten bestehen die ich über die Jahre gesammelt habe.
Ich werde mit den aktuellsten anfangen und mit den ältesten aufhören. Zu den jeweiligen Texten werde ich das Jahr und mein Alter zu diesen Zeitpunkten schreiben. Einfach nur um mal einen Einblick zu ermöglichen, wie sehr psychische Krankheiten die eigenen Gedanken vereinnahmen können und vor allem: das psychische Krankheiten KEIN ALTER kennen...
Lasst euch nicht täuschen, auch wenn diese Texte alt sind, viele dieser Gedanken verfolgen mich bis heute.
Und nun, kommt mit, ich zeige euch meine Abgründe:

2016 (21 Jahre):
"Jedes Glas bricht, irgendwann.
Du kannst es noch so oft kitten, austauschen oder verstärken.
Jedes Glas bricht, irgendwann. Bei Depressionen ist es dasselbe.
Jedes Herz, jede Seele, jeder Mensch bricht - irgendwann.
Du kannst tun was immer du willst.
Du kannst dich so stark fühlen wie nur irgend möglich, du kannst alles in deinem verfickten Leben zum positiven verändert haben.
Es wird der Punkt kommen, an dem du & deine gläserne Fassade wieder zerbrechen.
Du wirst urplötzlich wieder in einem Haufen Scherben sitzen & dich tausendfach an ihnen aufschneiden.
Jedes Glas bricht, irgendwann."
(Depressionen Rückfall)
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"Spar dir deinen Atem - du brauchst mir nicht zu erklären wie bunt die Welt ist, denn ich habe die Farben vergessen & alles was ich weiß.
Und du kannst nicht verstehen, was es heißt blind zu sein.
Du lebst in einer Welt die ich nicht sehen kann & ich lebe in einer Welt die du nicht fühlst."
(Borderline)
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"Du & ich, wir leben vielleicht auf dem selben Planeten, im selben Land, in der selben Stadt - ja, vielleicht sogar in der selben Straße, aber ganz bestimmt nicht in der selben Welt."
(Borderline)
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"Ich wünsche mir, dass ich irgendwann wieder einmal sehen & Farben erkennen kann - nicht mit den Augen, sondern mit dem Herzen."
(Borderline)
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"Wohin soll ich gehen, wenn ich nicht einmal mehr weiß wo ich hergekommen bin?
Und worüber soll man reden, wenn man selbst vergessen hat wer man einmal war?
Und dann denke ich darüber nach ob ich versagt habe, als Mensch."
(Depressionen)
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"Und manchmal, wenn alles still ist, kann ich mein Herz brechen hören, wen ich wieder einmal darüber nachdenke, ob ich für dich überhaupt noch deine kleine Schwester bin.
Hast du mich aufgegeben? Hast du mich vergessen?"
(Depressionen)
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2014 (19 Jahre):
"Manchmal habe ich das Gefühl, dass man mich nicht wahrnimmt.
So als würden alle einfach durch mich hindurch laufen.
Ich bin einfach nicht da."
(Depressionen/Borderline)
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"Ich fühle mich von meinen eigenen Gedanken vergewaltigt.
Und ich kann nichts dagegen tun - ich kann es nur aushalten.
Wie viel kann ich noch ertragen?
Wie oft kann eine Seele brechen, bevor man an seinen inneren Wunden verblutet?"
(Depressionen,Borderline)
(Heute weiß ich: sehr oft. Eine Seele kann verdammt oft brechen und je öfter sie bricht und je feiner die Splitter werden, desto mehr schmerzt es.)
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"Weiß jemand wo ich bin?
Ich war auf der Suche nach mir & als ich wieder mal zu lange weg war, da folgte ich mir, um mich zurück zu mir zu bringen.
Doch dabei habe ich mich verlaufen & mich aus den Augen verloren.
Während ich einsam in der Dunkelheit umher irrte, starb ich irgendwo weit weg von mir, ganz allein & unbemerkt - ohne mich je wiedergefunden zu haben & irgendwann habe ich mich einfach vergessen.
Weiß jemand wo ich bin?"
(Borderline)
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"Und dann kommt der Punkt an dem man auf die Knie geht & der Druck nicht mehr zu ertragen ist. Dieser eine Augenblick in dem alles zerbricht: erst die Welt um dich herum & dann du.
Schreien geht nicht, dafür hast du nicht mehr genug Kraft.
Du gehst zu Boden, brennst regelrecht aus bis das Gefühl einer absoluten Leere eintritt.
Nur im Kopf herrscht Krieg.
Und während du in den Trümmern deiner Welt auf den Tod wartest & dich mit letzter Kraft zwingst endlich aufzuwachen wird dir ganz plötzlich klar, dass du aus diesem Albtraum nicht aufwachen wirst, wenn du gar nicht aufwachen kannst, weil du gar nicht schläfst & das alles kein Traum war."
(Depressionen)
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2010 (15 Jahre):
"Ich konnte nicht an mich halten. Mein Blut hat gekocht und das Metall schrie.
Die Angst zerfraß mich. Die Angst, dass alles kaputt gehen würde.
Und ich wusste nicht einmal warum, aber der Schmerz ließ meine Seele in 1000 Scherben zerbrechen und diese schnitten mich von innen heraus auf.
Bevor ich innerlich an meinen Wunden verblutete und an den Schmerzen erstickte, zog ich mir die Klinge voller Verzweiflung in den Arm.
Ich spürte wie langsam alles um mich herum zerfiel und starb.
Ich spürte die Zerstörung, aber es tat so gut.
Es sollte bei einem Schnitt bleiben.
Ich hatte doch versprochen es nie wieder zu tun, aber als das Blut nur noch floss und die körperliche Empfindung verging, nahm sich mein Verstand den seelischen Schmerzen wieder an.
....NEIN!....
Ich schnitt mich schließlich immer wieder und wieder um alles in mir drin zu vergessen.
Doch immer wieder verging das Körperliche zu schnell - warum nicht auch der seelische Schmerz?
Schließlich schlief ich blutverschmiert und in Schmerzen getränkt ein.
Mein letzter Gedanke: Ich hoffe sie können mir verzeihen..."
(Depressionen, Selbstverletzung)
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2009 (14 Jahre):
"Mein Spiegelbild"
Zitternd und zusammengekrümmt sitzt dieses Wesen in der Ecke. In einem Raum ohne Wände, ohne Boden, ohne Halt, ohne Zeit. Einfach eine unglaubliche Leere. Sie tut mir leid, diese Gestalt. Sie hebt den Kopf. Ihre Augen sind leer und schwarz, tot und kalt. Ihr Gesicht ist nass.
Die Tränen rinnen über die pergamentbleiche Haut. Die aufgerissenen Lippen sind blutrot.
Die schwarzen Haare hängen ihr über die Schulter. Sie ist nackt. Die von Schrecken und Schmerz erfüllten Glieder zucken. Die abgemagerte Kreatur ist ganz allein. Man sieht wie der Schmerz und die Einsamkeit die Wut in ihr wachsen lassen. Die bleiche, adern-durchzogene Haut bebt, ihre Hände zu Fäusten geballt. Sie greift neben sich und da glänzt es in ihrer Hand.
Sie reißt die Klinge immer wieder in ihre Arme. Immer und immer wieder. Sie sieht mich an.
Sie weint und sie kann nicht aufhören. Das Blut fließt über ihre Arme. Sie will schreien, aber es geht nicht. Welch grausames Schauspiel. In ihr lebt nichts mehr. Sie ist innerlich tot. Sie will diese verletzliche Hülle von Körper, der sie am Leben erhält, vernichten. Sie will dieser Welt endlich entfliehen. Was hat sie denn zu verlieren?
Sie haben sie zerstört und sie hat keine Kraft mehr sich in diesem Gefängnis aus Schmerz am Leben zu erhalten. Sie krepiert langsam. Sie liegt am Boden und krümmt sich vor Trauer, Wut, Einsamkeit und qualvollen Schmerzen - überall ihr Blut. Ich sehe ihr ein letztes Mal in die toten Augen. Ich will ihr helfen, doch ich komme nicht weiter - etwas hält mich auf.
Sie streckt ihre Hand mit letzter Kraft nach meiner aus, doch meine blutverschmierte Hand bleibt auf der eiskalten Oberfläche meines Spiegels liegen.
Ich weine. Niemand hat mich je verstanden. Sie haben mich zerstört und nun liege ich blutüberströmt am Boden. Ich wollte doch nur leben...
(Depressionen, Selbstverletzung, Suizidalität)
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"Für meinen Bruder"
So fühlt es sich also an, wenn man stirbt. Als sie die Tabletten nahm malte sie sich viele Wege aus wie es sich wohl anfühlen würde, wenn man dahin scheidet, aber das es sich so anfühlen würde?
Sie wurde müde, sehr müde. Der Druck in ihrem Kopf machte sie schläfrig. Ihre Augen wurden matt und aus ihnen wich jegliches Leben. Ihr Gesicht wurde fahl. Sie glitt immer weiter in die Badewanne und mit jedem Zentimeter entglitt sie der Welt ein Stück mehr. Die Schlaftabletten der Mutter ihrer Freundin waren sehr hoch dosiert, da sie seit Jahren an schweren Schlafstörungen litt. Eine Überdosis wäre in jedem Fall tödlich. Sie wählte ein letztes Mal seine Nummer. Er könnte sie retten, doch mit jedem Freizeichen schwanden nicht nur ihre Kräfte, sondern auch ihre Zeit.
Es klingelte einmal, zweimal, dreimal...
Als das vierte Freizeichen abriss wurde sie mit einem plumpem "Was gibts?" ein letztes Mal aus ihrem Trance herausgerissen und in das mit Kerzen erhellte Badezimmer zurück geholt. Sie stammelte: "Sorry.....wanne....Ta-tabletten....so viele...hilfe..."
Mehr bekam sie nicht mehr heraus bevor ihre schwachen Glieder nachgaben und sie das Handy fallen ließ. Die Plastikhülle sprang ab, der Akku löste sich und das Display zerbrach in kleine Splitter. Die Verbindung riss ab. Sie glitt langsam zurück in den fast schwerelosen Zustand zwischen Leben und Tod. Sie schloss die Augen, denn zu mehr waren ihre Lider ohnehin nicht mehr fähig. Sie wusste nicht wie lange sie schon hier lag oder wie lange es noch dauern würde. Der heiße Dampf der das Bad erfüllte schnürte ihr die Lunge zu. Das Letzte was sie sah, als sie die Augen ein letztes Mal öffnete war das angsterfüllte Gesicht ihres Bruders. Er stürmte in das Badezimmer und sie spürte, weit entfernt, wie er ihren aufgedunsenen, fast leblosen Körper aus der Wanne zog. Er drückte sie fest an sich und sie nahm ein unter Tränen scheinbar geflüstertes "Nein, bitte nicht!" wahr.
Vielleicht trog auch der Schein und er schrie es in den Raum. Wer weiß?
Dann hörte ihr Herz auf zu schlagen...
(Depressionen, Suizidalität)
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Der letzte Text (bzw. Kurzgeschichte), ist damals aus depressiven Wünschen und Empfindungen entstanden. Es stellt keine reale Situation dar. Das war meine Art und Weise zu verarbeiten und beschriebenes Szenario nicht umzusetzen.
Ja - ich habe zweimal versucht mir das Leben zu nehmen. Das erste Mal mit 14, wenige Wochen nach dem dieser Text entstand.
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