- Wenn der Kopf zu platzen droht -
- [ Drahtseiltaenzerin ♥ ]
- 22. Mai 2018
- 7 Min. Lesezeit

Bewältigungsmechanismen & Gedankenkontrolltechniken
Negative Gedanken können, wenn man sie nicht zu bewältigen weiß, den gesamten Alltag bestimmen und die Lebensqualität stark einschränken. Deshalb ist es wichtig sich Techniken anzueignen, mit denen man starke, negative Gedanken in den Griff bekommt. Natürlich gehören sie zum Leben dazu, aber man darf sich von ihnen nicht kontrollieren lassen. Ich habe im Laufe meiner Therapie einige Techniken gelernt, die mir helfen an schlechten Tagen und in Angstzuständen (halbwegs) die Kontrolle zu behalten. Und diese möchte ich euch nicht vorenthalten.
"Das Leben kann schön sein, wenn man keine Angst vor ihm hat" (Zitiert: gedankenwelt)
1. Konfrontationstherapie (bei Angst & Panik)
Die Konfrontationstherapie (auch Reizüberflutung, Konfrontationstraining oder Expositionstherapie) ist eine Technik der Verhaltenstherapie. Bei dieser Technik ist der Name Programm; sie zielt darauf ab sich bewusst Situationen auszusetzen, in denen man Angst oder gar Panik bekommt. Dabei ist es wichtig die Angst bewusst zu erleben, auszuhalten und zu spüren wie sie nachlässt. Sie funktioniert nach dem Prinzip des "Aha-Effekts" - wir lernen somit, dass unsere Angst unbegründet ist, sobald wir merken, dass das Befürchtete nicht eintritt. Die Konfrontationstherapie ist eine sehr effektive Methode bei einer Angst und Panikstörung, da wir uns an solche Situationen gewöhnen können, wenn wir erleben, dass unsere Angst abflaut, wenn wir nicht davor flüchten.
Man gewinnt Stück für Stück die Kontrolle zurück, da wir lernen die "Angst vor der Angst" abzubauen und Vertrauen darin aufzubauen die Angst aushalten und beeinflussen zu können. Wenn wir herausfinden mit welchem Gedanken wir die Angst triggern, können wir dort ansetzen und diese Gedanken umlenken.
Die Konfrontationstherapie ist nicht gerade leicht, sie erfordert Mut und Kraft, aber es wird von mal zu mal leichter und man spürt eine stetige Verbesserung. Mir hilft sie sehr gut und mein Therapeut ist ein großer Befürworter dieser Art von Verhaltenstherapie.
2. Gedankenkontrolltechniken
Dies sind Techniken zur bewussten Gedankenveränderung. Sie eignen sich gut bei negativen Gedanken, aber auch bei negativen Gefühlen wie z.B. Angst. Allerdings stehen Sie im Widerspruch zur Konfrontationstherapie, da diese Techniken eher nach dem Prinzip der "Verdrängung" bzw. der "Umlenkung" funktionieren.
Dennoch möchte ich sie euch vorstellen, da sie ebenfalls gut funktionieren und im Akutfall (z.B. bei Überforderung mit der Konfrontationstherapie) eine gute Ausweichmöglichkeit bieten.
2.1 Gedanken-Stop
Wenn man merkt, dass man in negativen Gedanken versunken ist, sagt man zu sich den Satz: "Ich höre jetzt auf, darüber nachzudenken".
Diesen Satz kann man sich denken oder auch laut vorsagen. Anschließend lenkt man seine Gedanken gleich auf etwas Positives: z.B. "Morgen werde ich etwas schönes unternehmen" und sich dann damit befassen. Beispielsweise im Detail durchgehen wie diese schöne Unternehmung ablaufen wird und worauf man sich am meisten freut.
2.2 STOP-Technik
Das ist eine verstärkte Form des Gedanken-Stops und sollte vor allem dann angewendet werden, wenn man alleine ist. Man ruft bei negativen Gedanken laut: "STOP!".
Damit unterbricht man vor allem durch die Lautstärke sofort den Gedankenfluss. Probiert das ruhig mehrmals aus, man brauch sich dabei nicht lächerlich vorkommen.
Entscheidend ist, dass das laute Rufen tatsächlich hilft und man sich aus dem Gewirr der negativen Gedanken befreien kann.

2.3 Gummiband-Technik
Vielen Patienten (auch mir!) hilft es, ein Gummiband am Handgelenk zu tragen und sich kurz damit zu schnipsen, wenn wieder unangenehme Gedanken auftreten. Auch bei dieser Technik ist es wichtig, gleich anschließend an etwas Positives zu denken.
ACHTUNG: darauf achten, dass es nicht in ein Extrem ausartet und wieder in die selbstschädigende Richtung ausufert!!!
2.4 Rote-Punkte-Technik
Eine originelle Methode ist es, sich Signale zum positiven Denken zu setzen, indem man sich an verschiedenen Stellen rote Punkte hinklebt und immer an etwas schönes denkt, wenn man an diesen Punkten vorbeikommt oder sie sieht.
2.5 Tresor-Übung
Die Übungen gibt Patienten Kontrolle über traumatisches Material. Sie ist hilfreich, um bewusst zu "verdrängen", zumindest für einige Zeit. Diese ist häufig eine Voraussetzung dafür, um mit der Arbeit fortfahren zu können. Der Patient schließt traumatisches Material ein und entscheidet selber, wann er Teile davon herausholt, um sie zu bearbeiten. Im Übrigen funktioniert diese Übungen auch hervorragend für negatives Gedankengut.

a) Tresor bauen
Man stellt sich jetzt einen Tresor oder einen anderen abschließbaren Behälter vor, oder man denkt an einen solchen. Jetzt schaut man sich diesen Tresor ganz genau an: Welche Größe hat er? Welches Material? Welche Farbe? Welche Wanddicke? Wie schließt die Tür? Wie ist er abschließbar? Welche Schlösser?
Wenn man sich seinen Tresor nun anschaut: Ist er absolut sicher? Falls nicht, verändert man ihn so, bis er es ist. Man prüft das Material, die Wanddicke und das Schloss.
b) Einschließen
Was immer man verschließen möchte, verpackt man in eine Box, bringt sie zu seinem Tresor, der sich in einiger Entfernung befindet, öffnet die Tür und legt es hinein. Man schließt nun die Tür sicher ab. Man entscheidet jetzt wo man den Schlüssel aufbewahrt.
c) Verpackungsvorschläge
Wenn es schwer ist, die belastenden Erfahrungen oder Gedanken in einen Tresor zu verpacken, hilft es, sie zu materialisieren. Zum Beispiel: Gefühlen (extreme Angst) oder körperlichen Empfindungen (Schmerzen) eine Gestalt geben: Riesenkrake, dunkle Wolke, Feuerball, etc.
Bilder: Wie ein Foto behandeln, eventuell verkleinern, Farbe rausnehmen, vergilben lassen, ein Deckblatt darüber legen, anschließend in einen Umschlag (oder ähnliches) geben und wegpacken.
Innere Filme: Als Videofilm vorstellen, wenn nötig, die Fernbedienung nutzen, um die Farbe raus zu nehmen, den Ton, etc. Fernseher ausschalten und die Videokassette im Tresor verschließen.
Geräusche: Wie auf einer CD oder Musikkassette behandeln. Lautstärke runterdrehen. Kassette oder Tonband zurückspulen, in den Tresor legen.
Gerüche: z.B: in eine Flasche einsaugen, Korken drauf pfropfen und wegschließen. Geschmacksempfindungen: Unangenehmen Geschmäckern eine Farbe und Form geben, möglichst klein schrumpfen und z.B. in einer Dose oder in einem Marmeladenglas verschließen.
a1) Eisfach
Das Wegpacken von belastendem Material in ein Eisfach funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie mit der Tresor-Übung, ist für manche Patienten jedoch besser geeignet. Wenn es also mit dem Tresor nicht klappt, kann man es mit einem Eisfach (oder Tiefkühltruhe oder Kühlhaus) versuchen, in dem das belastende Material sofort schockgefroren wird.
Wichtig: Stromversorgung sicherstellen durch mehrere Stromnetze, Notaggregate etc.
(Quelle: Arbeitsblätter aus einer Tagesklinik)
Ich selbst praktiziere die Konfrontationstherapie, die Gedanken-Stop-Methode, die Gummibandtechnik und die Tresor-Übung, weniger die STOP-Technik, und komme damit sehr gut zurecht.
Des Weiteren habe ich eine ganze Sammlung an Arbeitsblättern von einer guten Freundin, die sie von ihrer Therapeutin bekommen hat.
Daraus möchte ich ebenfalls noch mal das Wichtigste in Stichpunkten zusammenfassen.
3. Umgangshilfen für Hochstresssituationen
a) Sich ablenken durch:
Aktivitäten: Puzzle, Computerspiele, Lesen, ein Instrument spielen, Sport, Mandalas malen, Tagebuch schreiben, etwas reparieren, basteln, malen, singen, etwas auswendig lernen, aufräumen, putzen, kochen, etwas dekorieren, etc.
Unterstützen: einen Freund besuchen oder anrufen, einen Brief schreiben, mit einem Freund etwas spielen (Gesellschaftsspiele, Konsole), chatten, zusammen Kuchen backen oder kochen, jemanden zuhören, jemanden ermutigen, etc.
Vergleichen: "Andere bemitleiden sich - ich tue etwas dagegen!" oder "Die haben die gleiche Chance wie ich, aber nutzen sie nicht!"
Gefühle/Gefühle ersetzen: Roman lesen, sich von einem Freund durch Witze etc. aufmuntern lassen, Tagebuch schreiben, sich etwas Gutes tun, einen Kitschfilm oder eine Soap anschauen, Papier zerknüllen/zerreißen, einen Knoten in ein Handtuch machen und damit auf Bett oder Sofa schlagen, altes Laken zerreißen, in den Wald gehen und laut schreien, leichtes Lächeln, dem Gefühl entgegengesetzt handeln, den Augenblick verändern, Gedanken-Stop
Gedanken ("Hirn Flick-Flacks"): Stadt-Land-Fluss, in 7er-Schritten rückwärts zählen, Kreuzworträtsel, IQ Tests, Mathematikaufgaben, Perlen/Steinchenkette oder dickere Schnur verknoten und wieder auflösen, beliebige Punkte auf ein Blatt machen und versuchen durch verbinden eine Figur zu zeichnen, Fadenspiele, Tagebuch schreiben, Zauberwürfel lösen, ein Bild auf dem Computer malen (Paintbrush) und die Maus dabei verkehrt herum halten, einen Text mit der linken Hand abschreiben, etc.
b) Sich zurückholen durch Körperempfindungen
Gummiband/Haargummi
Eis, Eisgelkissen
Wurzelbürste
Laute Musik, Schreien
Wechselduschen
Massagegeräte
Übungen an der Wand: Sich mit dem Rücken anlehnen und die Knie im 90° Winkel aufstellen; einen Tennisball hinter dern Rücken klemmen und ihn hoch- und runterrollen
Barfuß laufen
Muskeln anspannen und loslassen
Krafttraining (eine Muskelgruppe besonders belasten, danach gut dehnen!)
Chilischoten essen
Knoblauch pur essen
scharfe Bonbons oder Kaugummis
frischen Zitronensaft trinken
sich von jemanden festhalten oder drücken lassen
scharfe Zahnpasta verwenden
etc.
c) Sich beruhigen mit Hilfe der 5 Sinne
Sehen: Kaleidoskop, Kunstpostkarten, Lavalampe, Aquarium, Fotografieren, Dias anschauen, angenehme Fotos von schönen Erlebnissen, Wolken ziehen sehen, besonders kräftige Farben anschauen, Waschmaschine beobachten, malen oder zeichnen, etc.
Hören: Vogelgezwitscher, Musik/laute Musik auf Kopfhörern, Meditationsmusik, singen, trommeln, Naturlaute hören, Geräusche im Haus, etc.
Riechen: Lieblingsparfum, Creme, Blumen, Essen, Früchte, ätherische Öle, Duftkerzen, Räucherstäbchen, Seife, Tigerbalsam, Knoblauch, etc.
Schmecken: frische kräftige Kräter, frisch gepresster Saft, Bonbons, Schokolade, Kaugummis, Tee, etc.
Fühlen: Samt, Seide, Hund, Katze, Flauschdecke, weiche oder harte Bürste, barfuß laufen, baden, Stofftier, Igelball, Vogelfeder, Massage, etc.
d) Den Augenblick verändern durch:
Phantasie: Phantasiereise, "Sicherer Ort", (Erinnerungs)Fotos, Bildbände, sich einen Feind in einer löchrigen Unterhose vorstellen, Erinnerungen an angenehme Erlebnisse, etc.
Sinngebung: "Hätte ich das nicht getan, dann..." - im Nachhinein ist ein Sinn besser zu sehen; diesen merken und sich bei der nächsten schwierigen Situation ins Gedächtnis rufen (eventuell aufschreiben, Tagebuch), "Alles hat einen Sinn/Grund, auch wenn ich ihn im Moment nicht sehe."
Entspannung: z.B. nach Jacobson (Progressive Muskelentspannung), schönes Bad nehmen, Fußbad, Massage, Wärmflasche, Pause machen, schlafen, lesen, Lavalampe beobachten, Gedanken-Stop, etc.
e) Längerfristige Stresstoleranzskills
Radikale Akzeptanz ("Im Augenblick kann ich nicht handeln, ich muss die Situation so gut wie möglich aushalten bis ich eingreifen kann.")
Leichtes Lächeln (durch das Lächeln verändert sich mein Körperzustand - positive Reaktionen und Entspannung können einsetzen. Man lächelt nur für sich, hat nichts mit anderen Menschen zutun!) Dabei den Kopf hochnehmen, gerade sitzen, tief durchatmen.
Verwundbarkeit verringern (z.B. eine gute Tagesplanung mit Pausen, damit man nicht in Stress kommt und die Spannung dadurch nicht noch ansteigt)
f) Achtsamkeit
Hören: Welche Geräusche sind in diesem Augenblick um mich herum? (angefangen von 15 Sekunden bis halbe Stunde), nur auf bestimmte Geräusche achten, wenn ich mit allen gleichzeitig überfordert bin.
Sehen: Was in diesem Augenblick um mich herum geschieht (auch hier eventuell auf eine Sache konzentrieren), Postkarte/Poster oder Blume beschreiben.
Riechen: z.B. beim Essen, Trinken (Tee, Kaffee), Parfums in einer Drogerie, Körpercreme, frische Wäsche, beim Spazieren gehen (Unterschied zwischen Wald und Wiese), etc.
Schmecken: Essen, Trinken, im Café, Bonbonladen, Schokolade, Obstsalat
Tasten: bei der Gartenarbeit, im Wald, auf einer Wiese: Wurzeln, Steine, Pflanzen, Moos, Baumrinde, etc., Teppich, Tiere, verschiedene Bürsten, Sand- oder Kirschkernkissen (warm oder kalt), verschiedne Stoffe, sich im Dunkeln im Zimmer herumtasten, Fußbad, etc.
Atmen: aufmerksam/bewusst ein- und ausatmen, beim Joggen die Atemzüge zählen (z.B. 1,2 - ein - 1,2 - aus) und versuchen das Ausatmen zu verlängern, dasselbe im Gehen oder auch in Ruhe, ein- und ausatmen und dabei auf dem Bauch achten (die Hand auf den Bauch legen und dabei spüren wie sich die Bauchdecke hebt und senkt), dem Atem folgen beim Hören von Musik (dabei entweder versuchen den eigenen Atemrhythmus beizubehalten oder versuchen ihn der Musik anzupassen), tief einatmen - Luft anhalten - bis 4 zählen - dann ganz langsam ausatmen, Atemzüge zählen (aber immer nur bis 10 zählen, da sonst fehlerloses Zählen zu wichtig werden könnte und man sich dann nur ärgert wenn man sich verheddert), beim Ausatmen durch den Mund in einen Luftballon oder eine kleine Plastiktüte atmen (vor allem wenn man zu Hyperventilation neigt)
(Quelle: Arbeitsblätter aus der Psychotherapie)
4. Notfallkoffer
Bei sich haben (kleines Format, Gürteltasche, Federmäppchen, Kosmetiktasche, Brieftasche, Dose, Kästchen, Geldbeutel ,...)
Gut aufzumachen
Auch möglich: Gegenstände überall in den Kleidern und Taschen verteilen (z.b. auch als Halsketten, Anhänger oder Schlüsselanhänger)
Zu Hause gut erreichbar an einem festen Platz
Mögliche Gegenstände:
Chili
Vitamin- oder Brausetabletten
Ahoi-Kinderbrause
Knackfrosch
Bonbon (süß, sauer, scharf, bitter)
Bürstchen, rau oder weich
Kieselstein
Parfümproben
Pro und Contra Liste
Zettel mit Spruch von einem sehr vertrauten Menschen
kleines Stofftier
japanisches Heilöl
Handgelenk Gummis
Kaugummis
kleine Geschicklichkeitsspiele
Vogelfeder
Murmeln
Erinnerungsfotos
Mini-Igelball
Adresse und Telefonnummer von einem vertrauten Menschen
Erfrischungstuch
besonderer Stift
Kiefernzapfen
Wäscheklammer
Überraschungseifigur
Postkarte
Knopf, Stein, Tuch vom "Lieblingsmensch"
quietschendes Gummitier
Glöckchen
kleiner Block mit Rätseln und Mandalas
Prisma
aufmunternde/unterstützende Briefe
Steinchen- oder Perlenkette
Ich hoffe, dass sich der eine oder andere hiervon etwas mitnehmen kann und dass es hilft. Es darf auch gerne geteilt werden, um anderen zu helfen, mit ihrem Kopfchaos zurechtzukommen.
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