- Kampfansage an meine Angst -
- [ Drahtseiltaenzerin ♥ ]
- 25. Apr. 2018
- 3 Min. Lesezeit

Ich hab's geschafft. Ich habe es wirklich geschafft. Und ich war lange nicht mehr so glücklich. Eigentlich klingt es absurd, dass ich mich so wahnsinnig darüber freue eine dreiviertel Stunde allein mit meiner Tochter spazieren gewesen zu sein. Aber für Menschen mit einer Angst- und Panikstörung ist meist schon der Gang in den Laden um die Ecke zu viel.
In der letzten Woche hatte mich die Depression voll im Griff - resultierend daraus, dass ich es aufgrund meiner Angstzustände und Panikattacken nicht schaffte wie andere Mütter mit meiner Tochter allein raus, spazieren und/oder auf den Spielplatz zu gehen. Das Gefühl eine unzureichende oder gar schlechte Mutter zu sein löste diese erneute Depression in mir aus. Die Abwärtsspirale nahm ihren Lauf.
Das Gefühl eine schlechte Mutter zu sein bedingt die Depression - die Depression führt zu Antriebslosigkeit und Leere - die Antriebslosigkeit führte dazu dass ich großteils auf dem Sofa lag und mein Kind sich im Laufgitter selbst beschäftigte - die Tatsache dass ich es nicht schaffte mit meinem Kind zusammen zu spielen löste das Gefühl aus eine schlechte Mutter zu sein - das Gefühl eine schlechte Mutter zu sein verstärkt die Depression.
Es war bzw ist ein ewiger Teufelskreis. Ich musste irgendetwas dagegen unternehmen. Ich wusste dass ein Erfolgserlebnis und die damit verbundenen positiven Gefühle mich ein Stück weit aus meinem Tief holen könnten. Also war es an mir eine solche Situation zu erreichen. Ich erinnerte mich daran wie glücklich ich bin wenn ich es geschafft habe eine Panikattacke zu überwinden. Also gab es für mich nur diese eine Option ein großes Erfolgserlebnis zu schaffen und positive Gefühle zu aktivieren: indem ich mich bewusst einer Situation aussetze die in mir Angst und Panik hervorruft und diese auszuhalten. Das Gute daran war ich würde nicht nur meiner Depression entgegenwirken sondern gleichzeitig auch meiner Angst und Panikstörung. Das naheliegendste war zugleich auch das "einfachste": ein Spaziergang allein mit meiner Tochter.

So beschloss ich also nach dem Mittagessen mein Kind zu packen und eine Runde raus zu gehen. Und aus der anfangs geplanten kleinen Runde wurde sogar eine große Runde. Eine Dreiviertelstunde waren wir draußen.
Die Sonne, die angenehme Temperatur und die kühle Brise lösten in mir ein unbeschreibliches Gefühl aus wie ich es lange nicht hatte. Meine Tochter ist nun 10 Monate alt und ich glaube das letzte Mal dass ich mit ihr alleine spazieren war, war letztes Jahr im späten Sommer. Ich hatte also schon vergessen wie schön es ist an der frischen Luft zu sein, sich von dem kühlen Wind berieseln zu lassen, das Rauschen der Mulde zu hören, die Vögel zu beobachten und das Grün der Wiesen auf sich wirken zu lassen. Für andere ist es tägliche Routine mit ihren Kindern spazieren zu gehen für mich war es bis jetzt jedes Mal ein Kampf den ich verloren hatte. Jedes Mal wenn ich vor hatte mit meiner Tochter raus zu gehen verlor ich den erbitterten Kampf gegen meine Angst und ich blieb wieder zu Hause.
Aber nicht heute - heute sollte der Tag sein an dem ich meiner Krankheit den Kampf ansage. Und diesmal habe ich den Kampf gewonnen. Und ja ich bin stolz auf mich und freue mich so sehr darüber dass ich mit meiner Tochter spazieren war. Ich hab's geschafft - ich habe es wirklich geschafft! Und ich war lange nicht mehr so glücklich.
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